Liebe, Baum und Tod

Jakob Ubeka

Liebe, Baum und Tod

Indianerrede

Die Erde ist heilig.
Die Toten ruhen in der Erde, die Erde ist ihre Mutter.
Baum, Tier und Mensch sind miteinander verbunden.
Ihre Seelen leben in den Steinen, fließen im Wasser, kehren wieder im Frühling und schweben im Wind.
Der Mensch liebt die braune Erde, den blauen Himmel, das rauschende Wasser und die stille Luft,
er hört den Vogel singen und den Wind rauschen.
Was will der Mensch?
Wovon träumt er, welche Hoffnungen gibt er weiter an seine Kinder?
Der Mensch lebt wie Baum und Tier.
Was den Bäumen und den Tieren geschieht,
geschieht bald auch den Menschen.



Gesang des Baumes

Ich atme Luft, trinke Wasser, wachse und vergehe.
Wer zu mir kommt, dem schenke ich Schatten vor der heißen Sonne,
dem gebe ich Schutz, wenn es regnet,
wenn es schneit und wenn der Sturmwind weht.

Aus meinem Holz ist die Wiege, das Bett, der Tisch,
die Tür, die Balken von Haus und Dach und der Sarg.
Der Mensch verbrennt mich in kalten Winternächten,
aus meinem Holz strömt Licht und Wärme.

Ich schenke Nahrung und Früchte, ich blühe und verwelke.
Schau mich an, Mensch, und hör mir zu: Wenn ich falle, fällst auch du.



ISBN 3-927966-00-2